Wie sieht ein Traumtag in Montreux aus? Diese Frage stellten wir den Journalisten, die jeden Sommer über die Konzerte und hinter den Kulissen der MJF berichten! Finden Sie ihre Geschichten, vom 3. bis 18. Juli auf unserer Website.
Soll der Autor einen Traumabend in Montreux beschreiben, muss er ein bisschen ausholen. Bis dahin, wo sich der persönliche Mythos aufzubauen begann.
Diesen Juli ist es für einmal still an den Ufern des Genfersees. Still, obwohl es Zeit wäre für das Montreux Jazz Festival und all das, was Gründer Claude Nobs in jahrzehntelanger Lobbyarbeit an Mythos, Wohlklang und ja, auch Volksfesttrubel, initiiert hat. Und so besteht das Programm für heute statt aus Livemusik voller Hingabe und Heiligkeit nur aus meinem kleinen Schulaufsatz zum Thema «Mein Traumabend».
Das mit der Schule ist allerdings kein schlechter Ansatzpunkt, denn eine meiner ersten Erinnerungen an das Festival ist tatsächlich dort angesiedelt. Im Musikzimmer, um genauer zu sein. Sie besteht aus einem Mitschüler, der die erste Stunde des Tages ausliess, schliesslich mit einem farbigen Bändchen um das linke Handgelenk erschien und mit Stolz zum Lehrer sagte: «Ist etwas später geworden gestern. Wir waren in Montreux.» Der Musiklehrer akzeptierte das, ohne grosses Aufheben. Sowas merkt man sich.
«Bad im See, Parkbusse, Schlafsack, Weckdienst von der lokalen Polizei, leichtes Käterchen. Manches davon hat sich seither jedes Jahr wiederholt.»
Drei Jahre später war ich dann endlich auch dort: Raggasonic, Double Pact, Bad im See, Parkbusse, Schlafsack, Weckdienst von der lokalen Polizei, leichtes Käterchen. Manches davon hat sich seither jedes Jahr wiederholt.
Some genuine rituals have sprung up in the meantime: leaping off the landing stage in Territet, for example, drinking white wine on the terrace of the Hotel Victoria in Glion, a foray to the casino pool. And naturally a whole load of music to listen to.
Die Erinnerungen an die musikalischen Höhepunkte der letzten 23 Jahre sind mehr als lebhaft: Erykah Badu in all ihrer Wandlungsfähigkeit im alten Casino, der japanische Klangcollagist Cornelius wirkte auf alle Sinne ein, Common gab eines der besten Hip-Hop-Konzerte, das ich je gesehen habe, Femi Kuti widmete seine gesamte Performance dem menschlichen Hinterteil, The Drums machten für einen kurzen Moment im Keller des Kongressgebäudes die wichtigste Musik der Welt, James Blake brachte ebendieses kriminell hässliche Gemäuer mit seinen Bässen fast zum Einsturz. Jedes Jahr bot mindestens zwei, drei prägende Momente.
«Wünschen kann man sich ja trotzdem was. Zum Beispiel einen nigerianischen Allstar-Abend mit den Afrobeats-Künstlern Burna Boy, Wizkid, D’Banj, Tiwa Savage und Olamide, aufgelockert durch die junge Jamaikanerin Koffee.»“But that doesn’t stop me compiling my own wish list. For example, a Nigerian all-star evening with the Afrobeats artists Burna Boy, Wizkid, D’Banj, Tiwa Savage and Olamide, loosened up by the young Jamaican Koffee.”
Das heisst natürlich auch: Die Programmleitung von Montreux braucht meine Hilfe nicht. Wünschen kann man sich ja trotzdem was. Zum Beispiel einen nigerianischen Allstar-Abend mit den Afrobeats-Künstlern Burna Boy, Wizkid, D’Banj, Tiwa Savage und Olamide, aufgelockert durch die junge Jamaikanerin Koffee. Oder einen Brüsseler Abend mit Damso, Roméo Elvis und Angèle. Und schon ab dem frühen Nachmittag wechseln sich auf der grossen Parkbühne Van Hunt, Anderson .Paak, Steve Lacy und Liniker e os Caramelos ab, während Randy Newman den kleinen Pavillon am See bespielt.
Die Afterparty in allen Räumen des Petit Palais, gestreamt in die ganze Welt, wird natürlich von D-Nice, dem wichtigsten DJ der letzten Monate, bestritten. Und ich darf gemeinsam mit Rapper N.O.R.E. im Stile der Youtube-Serie «Drink Champs» restlos alle interviewen. Zwölf Monate sollten reichen, um das zu organisieren. In diesem Sinne: A l’annéee prochaine!
Adrian Schräder schreibt u.a. für die NZZ, den Tages-Anzeiger, Das Magazin…